Harninkontinenz

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  • Harninkontinenz

    Harninkontinenz

    Die Harnblase ist ein komplexes und geniales System zugleich. Für ein reibungsloses Ineinandergreifen von Verschluss und Entleerung sorgen spezifische Muskeln in Blasenwand und Harnröhre. Hinzu kommt ein Venengeflecht und die dazugehörigen bindegewebigen Strukturen, die diese Funktionsweisen unterstützen. Alles zusammen kann durch höhere Nervenzentren und damit willentlich beeinflusst werden.

    Bei der Reservoirfunktion der Blase kommt es entscheidend auf die Verschlusskraft des Harnröhrenmuskels (Sphinkter) an. Er wird über sogenannte a-Rezeptoren zur Kontraktion stimuliert. Ist der Sphinkter kontrahiert, bleibt die Harnröhre verschlossen und Harn kann in der Blase solange zurückgehalten werden, bis der Flüssigkeitsdruck die Verschlusskraft des Harnröhrenmuskels übersteigt. Eine aktuelle ”Wasserstandsmeldung” wird über bestimmte Dehnungsrezeptoren der Blasenwand an ein Nervenzentrum weitergeleitet, wodurch der Entleerungsreflex provoziert wird. Kommt es zu einem unwillkürlichen Harnabgang so spricht man von Harninkontinenz oder vom Harnträufeln.

    Die Harninkontinenz beim Hund
    Aufgrund der komplexen Funktionsweise der Blase ist die Liste der möglichen Inkontinenz-Ursachen entsprechend lang. Unterschieden werden neurologische und nicht-neurologische Ursachen. Die nicht- neurologischen, also jene Ursachen, die das Organ selbst betreffen, diagnostiziert der Tierarzt/Tierärztin am häufigsten (u.a. Anomalien, Tumoren, Traumata, Kastration). Hierzu zählen auch die lokalen Infekte der Harnblase (Zystitis) oder der Harnröhre (Urethritis), die einen dauernden Harndrang mit mehr oder weniger unwillkürlichem Harnabgang verursachen.
    Die Kastration besitzt die größte Bedeutung bei den nicht-neurologischen Ursachen. Diese als ”Sphinkterinkompetenz” (s. Abb.) bezeichnete Beeinträchtigung der Verschlussfähigkeit der Blase kann jederzeit nach der Kastration auftreten. Sie wird jedoch meist in ca. 75% der Fälle - innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Eingriff beobachtet. Ein inkontinentes Verhalten kann bereits 14 Tage nach Kastration auffällig sein. Die Ursachen für diesen sehr frühen Zeitpunkt sind nicht bekannt. Zeiträume von zehn und mehr Jahren sind allerdings auch keine Seltenheit.

    Inkontinente Hündinnen verlieren meist im Liegen und vor allem während des Schlafes Urin. Ansonsten zeigen sie einen in der Frequenz und Menge normalen Harnabsatz. Auch die Urinanalyse zeigt keine Auffälligkeiten. Das Problem der Harninkontinenz tritt auch bei Rüden gelegentlich in Erscheinung. Die klare Risikoerhöhung durch Kastration, wie sie bei der Hündin besteht, ist beim Rüden jedoch nicht gegeben. Ein weiterer Unterschied ist, dass inkontinente Rüden permanent Urin verlieren, während Hündinnen meist nur während des Schlafes inkontinent sind.

    Keine Inkontinenz liegt vor ...
    Hunde, die individuell viel trinken, neigen gezwungenermaßen zu Harnabsatz auch während der Nacht. Gelegentlich passiert es, dass diese Hunde mit einem scheinbaren Inkontinenzproblem beim Tierarzt / Tierärztin vorgestellt werden. Das Harnträufeln, das bei freudiger Erregung gelegentlich zu erkennen ist, zählt auch nicht zum Symptomkomplex Harninkontinenz. Wenn eine definitive Inkontinenz bereits vor der Kastration bestanden hat, sollten ungenügende Erziehung oder Fehlbildungen des Harntraktes als Ursache in Betracht gezogen werden. Hier ist dann die tierärztliche Diagnostik gefragt.

    Häufigkeit der Harninkontinenz
    Nach Schätzungen von Fachleuten werden etwa 20% aller kastrierten Hündinnen inkontinent. Hündinnen schwerer Rassen sind dabei häufiger betroffen als Hündinnen mit einem Körpergewicht von unter 20 kg. Eine besondere Rassendisposition scheinen die Boxer zu besitzen. Bei mehr als der Hälfte der kastrierten Boxerhündinnen ist mit einer Harninkontinenz zu rechnen. Andere Rassen wiederum sind gemäss Statistik weniger häufig betroffen. Hierzu zählen Schäferhund, Berner Sennenhund, Dackel oder Spaniel. Beide Listen sind jedoch nicht als abschliessend und endgültig zu verstehen.

    Kein erhöhtes Inkontinenz-Risiko entsteht durch ...
    Nicht bestätigt hat sich, dass die Operationsverfahren einen Einfluss auf das Geschehen haben. Somit ist es auch nicht entscheidend, ob bei der Kastration nur die Eierstöcke oder die Eierstöcke und Gebärmutter entfernt werden. Ob sich eine Operation vor bzw. nach der ersten Läufigkeit unterschiedlich auf das Risiko einer Harninkontinenz auswirkt, und ob das Alter zum Zeitpunkt der Operation einen Einfluss hat, lässt sich nicht mit letzter Bestimmtheit vorhersagen. Zu inhomogen sind die verfügbaren Studienergebnisse. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Frühkastration keinen risikobestimmenden Einfluss hat. Auch das Lebensalter der Hündin zum Zeitpunkt der Kastration scheint das Inkontinenzrisiko nicht zu erhöhen.

    Kastration und Harninkontinenz - wie hängt beides zusammen?
    Bereits ein Jahr nach Operation lässt der Harnröhrenverschlussdruck bei allen kastrierten Hündinnen messbar nach. Aber nur bei den besonders disponierten Rassen (s. Tab.) kommt es zur Inkontinenz. Ein zentraler Grund scheint der Mangel an Östrogenen (Eierstockshormonen) zu sein. Widersprüchlich ist jedoch die Tatsache, dass nicht alle sondern nur etwa 20% der kastrierten Hündinnen inkontinent werden. Darüber hinaus zeigten zugeführten Östrogene bei einem Viertel der behandelten Hündinnen keine Wirksamkeit (Arnold et al. 1989). Weitere Faktoren werden diskutiert:

    Nach der Ovariohysterektomie (Entfernung von Eierstock und Gebärmutter) können in der Heilungsphase Verklebungen im Bereich der Blase auftreten, die insgesamt ihre nervale Versorgung beeinträchtigen und zu einer Funktionseinschränkung, sprich zu einer Inkontinenz, führen können.

    Möglicherweise ist die anatomische Lage der Blase von entscheidender Bedeutung für das Problem. Besitzt sie eine mehr beckenorientierte Lage, so scheint das Inkontinenz-Risiko erhöht.
    Zusammenfassend kann man heute davon ausgehen, dass der kastrationsbedingte Östrogenmangel ein zentraler, wenn auch nicht der alleinige Auslöser der Harninkontinenz ist. Fachleute sehen die Harninkontinenz inzwischen als ein multifaktorielles Geschehen, bei dem die individuelle Disposition (schwere Rasse, Adipositas, Operationskomplikationen, anatomische Besonderheiten) eine entscheidende Rolle spielt. Mit diesem Wissen kann der Tierarzt/Tierärztin relativ sicher die Diagnose ”Harninkontinenz nach Kastration” stellen, wenn typischerweise hinzu kommt, dass das Harnträufeln nur während des Schlafes auftritt. Die medikamentelle Behandlung ist der nächste Schritt, um der Hündin und dem Mensch zu helfen.

    Ein Problem für die Mensch-Hund-Beziehung
    Die Harninkontinenz ist keine Krankheit und verursacht auch keine Schmerzen, und trotzdem kann sie zur Verzweiflung führen. Es sind die hygienischen Gründe, die auf Dauer eine ungeheuere Belastung (Geruch) für Mensch und Tier darstellen. Sofa, Teppiche und anderen hochflorigen Auslagen, die in Kontakt kommen, werden über kurz oder lang unbrauchbar. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich meist um grosse Hunderassen handelt, wodurch sich die genannten Probleme potenzieren. Auch leiden die betroffenen Hündinnen selber darunter, da sie ja zur Stubenreinheit erzogen worden sind. Massnahmen, wie das Auslegen von Plastikfolien und die Beschränkung des Hausgenossen auf bestimmte gekachelte Räumlichkeiten, können keine Dauerlösung darstellen. Harninkontinenz kann deshalb durchaus ein Grund für den Besitzer sein, sich in letzter Konsequenz von seinem Tier zu trennen. Häufig ist dies gleichbedeutend mit der Euthanasie des Hundes.

    Erfolgreiche Behandlungsmethoden
    Es werden eine Vielzahl unterschiedlicher Behandlunsmethoden empfohlen. Die medikamentöse Behandlung stellt in der Regel die Methode der Wahl dar und geht der chirurgischen Intervention immer voraus. Die Wirkungsweise der eingesetzten Substanzen besteht in einer Erhöhung der Verschlusskraft des Harnröhrenmuskels (Sphinkter). Im Endeffekt führt dies zu mehr oder vollständiger Kontinenz. Die Mehrheit der betroffenen Hündinnen reagiert sehr gut auf diese konservative Behandlung, die meist ein Leben lang erforderlich ist.



    Dr. W.-R. Pankow, Ravensburg

    vetoquinol.ch/index.php?Rpage=…page=harninkontinenz.html

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  • Hormone
    Die Gabe von Hormonen (Östrogenen) wurde lange Zeit bevorzugt eingesetzt. Sie ist jetzt wegen ihrer zum Teil gravierenden Nebenwirkungen umstritten und erzielt im direkten Vergleich mit den sogenannten Sympathomimetika die schlechteren Ergebnisse (Blendinger et al. 1995, Arnold 1997). Grundsätzlich ist der Therapieansatz mit Östrogenen folgerichtig, da ja der Östrogenmangel einen massgeblichen Einfluss auf die Verschlusskompetenz des Harnröhrensphinkters besitzt. Dennoch sind diese Präparate mehr und mehr verdrängt worden, da bei einer lebenslangen Behandlungsdauer eine generalisierte Knochenmarksdepression zu befürchten ist. Haarverluste wurden auch beobachtet, aber fast kurios mutet die Tatsache an, dass unter Östrogenbehandlung die Hündin für den Rüden wieder attraktiv werden kann. Wollte man dieses Problem mit einer Kastration nicht auch endgültig loswerden?

    Tonisierende Sympathomimetika
    Zur Behandlung der Harninkontinenz beim Hund eignen sich am besten die Sympathomimetika (Wirkstoffe: Phenylpropanolamin, Ephedrin). In 75% der Fälle führt ihr Einsatz zur Kontinenz. Bei knapp l5% verbessert sich mindestens das inkontinente Verhalten (Arnold 1997). Die Sympathomimetika sind relativ nebenwirkungsarm, dennoch sollten Herzpatienten von einer Behandlung ausgeschlossen werden, da es zu einer Erhöhung des arteriellen Blutdruckes kommen kann. Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass die Sympathomimetika weitaus besser verträglich sind als die Östrogene.
    Die bei Inkontinenz eingesetzten Sympathomimetika unterscheiden sich bei den erfolgsbestimmenden Kriterien. So liegt die Effektivität des Phenylpropanolamins bei > 90%, d.h. bei neun von zehn behandelten Hündinnen kann mindestens eine Verbesserung oder Heilung beobachtet werden. Diese Erfolgsquote erreicht Ephedrin mit ca. 75% nicht. Im Gegensatz zu Ephedrin gibt es bei Phenylpropanolamin so gut wie keinen Gewöhnungseffekt (Wirkungsverlust bei gleicher Dosis). Vielmehr zeichnet sich die Substanz durch einen schnellen Wirkungseintritt (innerhalb von 7 Tagen) durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Nur höchstens eine von zehn mit Phenylpropanolamin behandelten Hündinnen zeigt eine Veränderung bei Appetit, Aktivität oder Blutdruck. Dies erklärt auch, warum im europäischen Ausland das Phenylpropanolamin häufiger den Vorzug erhält. In der Humanmedizin ist dies übrigens auch so.
    Ein Phenylpropanolamin-haltiges Präparat für Hunde war bis vor Kurzem auf dem deutschen Markt nicht erhältlich. Gezwungenermassen musste der Tierarzt /Tierärztin im Bedarfsfall den Weg über die internationale Apotheke gehen, um ein französisches Veterinärprodukt für die Indikation ”Harninkontinenz” zu erhalten. Ab Herbst 2003 ist dieses französische Präparat nun auch in Deutschland zugelassen. Da es sich bei diesem Präparat um einen Sirup zum Eingeben handelt, ist von einer besonders einfachen und hundefreundlichen Anwendungsweise auszugehen.


    Was hilft noch?
    Akkupunktur und Neuraltherapien sollen insbesondere bei zu Nebenwirkungen neigenden Hunden – einen guten Erfolg haben. Homöopathika werden ebenfalls oder zusätzlich eingesetzt. Entsprechende Studien über ihren Erfolg liegen jedoch nicht in ausreichendem Umfange vor. Auf die chirurgischen Verfahrensweisen soll hier nicht eingegangen werden. Sie stellen in jedem Fall die ultima ratio dar, wenn Medikamente keinen Erfolg hatten. Die tiermedizinisch genutzten Techniken entsprechen denen der Humanmedizin. Die Erfolgsquote liegt bei 75% (Arnold 1997).

    Fazit
    Da keine Therapie vollkommen ist und auch die konservative Behandlung der kastrationsbedingten Harninkontinenz relativ kostenintensiv ist (lebenslange Therapie), sollte bei bestimmten Hunderassen eine Kastration wohlüberlegt sein. Tierarzt oder Tierärztin können aufgrund ihrer Kenntnisse das individuelle Harninkontinenz-Risiko relativ gut einschätzen. Kommt es dennoch zu einer kastrationsbedingten Harninkontinenz, so ist die durch Medikamente erreichte Erfolgsquote sehr hoch. Dabei sind die Sympathomimetika - und hier insbesondere das Phenylpropanolamin - den Hormonpräparaten aufgrund der besseren Verträglichkeit und Wirksamkeit vorzuziehen. Eine Kombination beider Wirkstoffe kann im Einzelfall ebenfalls erfolgreich sein.

    Woran sollte man sich von der endlosen Verstellung, Falschheit und Heimtücke der Menschen erholen,
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